Das späte Glück… – Ein Nachruf auf den Ex-Bürgermeister Rudolf Näthhorn

Rudolf Näthhorn

VON WOLFGANG STEPHAN
BUXTEHUDE. Sein letzter großer Auftritt liegt neun Jahre zurück: Im Buxtehuder Rathaus hefteten sie ihm das Bundesverdienstkreuz ans Revers. Das war es gewesen. Kein öffentliches Amt mehr, keine Parteifunktion. Dabei wäre „der Rudolf" mit seinen gut 63 Jahren noch keinesfalls reif für die politische Rente gewesen. Doch er hatte auch damals das richtige politische Gespür: Abtreten zur rechten Zeit, betör der Ruf beschädigt wird. Ganz schnell hatte er die Konsequenzen gezogen, als er im Jahr 2000 im ersten Wahlgang zur Bürgermeisterwahl unterlegen war und Jürgen Badur als erster hauptamtlicher Bürgermeister ins Rathaus kam. Buxtehuder Bürgermeister. Das war zuvor der Traumjob von Rudolf Näthhorn gewesen.
Erinnern wir uns „Der Rudolf‘ war bis zur damaligen Bürgermeisterwahl ein wesentlicher, wenn nicht sogar der wichtigste Stratege in Buxtehude. „Der Kaiser" hatte ihn das TAGEBLATT auf ,dem Höhepunkt seiner politischen Karriere genannt. Das gefiel ihm. Darauf war er sogar stolz „Eine Rolle, die ihm auf den Leib geschrieben schien und die er sichtlich genoss. Näthhorn war gerne Bürgermeister. Das spürte jeder.
Warum, wurde beim Blick auf seine Vita schnell klar. Eigentlich schien dieser Rudolf Näthhorn schon früh seine politische Zukunft längst hinter sich zu haben, ein Ergebnis zweier erfolgloser Anläufe für ein Landtagsmandat. So war seine Nominierung zum Bürgermeisterkandidaten keine Selbstverständlichkeit, denn die Partei war Näthhorn nicht immer hold. Doch seine Nominierung war letztlich eine Folge der politischen Entwicklung der SPD. Der Mann, der es glänzend verstand, den Finger in die Luft zu halten, um zu sehen, woher der Wind kommt, den er selbst verursacht hat, war zum rechten Zeitpunkt am rechten Platz und die SPD damals ohne jede personelle Alternative.
Das .wurde auch von den Wählern honoriert: Mit einem Bilderbuch-Ergebnis der mit Ab¬stand meisten Stimmen bei der Kommunalwahl hatte ihn der Rat 1991 und 1996 zum Bürgermeister gewählt. Damit begann das späte Glück des gelernten Schriftsetzers, der sich beruflich bis zum Prokuristen emporgearbeitet hatte und der 1973 in der Ära Willy Brandt in die SPD eingetreten war, in der der in Altona geborene und 1973 nach Buxtehude gezogene – aus heutiger Sicht – lange glücklos agierte, auch, weil er oft als Selbstdarsteller abgetan wurde.
Aber ein Rudolf Näthhorn hatte immer beträchtliche Nehmerqualitäten, ein ausgeprägtes politisches Gespür, eine rhetorische Begabung und vor allem einen inneren Schweinehund, der ihn immer wieder getrieben hat.
Bis ins Bürgermeisteramt, das ihm trotz der lähmenden Streitereien mit der damaligen Stadtdirektorin Annegret Kruse auf den Leib geschrieben schien. Doch Rudolf Näthhorn ließ sich auch von ihr den Spaß nicht vermiesen. Er sorgte für Kontinuität, was damals für Buxtehude fast eine Überlebensstrategie war. Er liebte den ehrenamtlichen Job, auch die Inszenierungen, die Insignien des Amtes. Aber er war auch gern« bei den Schützen ödet der diamantenen Hochzeit, wo er das erfahren konnte was ihm jahrelang verwehrt blieb: Anerkennung. Denn: Ein Näthhorn wollte geliebt werden. Dafür war er bereit, auch ganz viel zu geben.
Mit der Wahl zum ersten hauptamtlichen Bürgermeister und der Ära Badur endete im Jahr 2000 die Karriere „des Kaisers" in Buxtehude. Fortan war er Hausmann und Handwerker im eigenen Haus. „Ich hätte nie erwartet, dass mir dies so leicht fallen wird", hatte er mir nach zwei Jahren Politik-Entzug gesagt. Es klang glaubwürdig, zumal ihm das Leben noch eine andere Aufgabe zugeschrieben hatte: Er durfte seine kranke Frau Sybille pflegen. Rudolf Näthhorn tat dies lange, im Bewusstsein erfolgreich gewesen zu sein. Später musste Sybille ihn pflegen,
Das späte Glück des Rudolf Näthhorn. Ein Satz, der nicht nur politisch zu werten ist. Im Sommer dieses Jahres starb Sybille Näthhorn. Jetzt ist „der Rudolf" im Alter von 75 Jahren ihr gefolgt.
Buxtehude ist um einen großen Mann ärmer.