

Dass die illustre Runde überhaupt in diesem Rahmen in Freiheit und Demokratie feiern konnte, ist insbesondere den Sozialdemokraten zu verdanken, die in diesen 150 Jahren immer für Freiheit und Demokratie gekämpft haben.
Wie sich die Zeiten verändert haben, zeigte alleine die Optik im Ratssaal. Während die kämpfenden Genossen nach der Gründung und in der NS-Zeit ihre Fahnen vor der Obrigkeit verstecken mussten, standen die sozialdemokratischen Flaggen gestern neben dem Rednerpult. „Es waren die Genossen, die in diesem Land immer den Karren aus dem Dreck gezogen haben“, erinnerte der Buxtehuder SPD-Vorsitzende Alexander Paatsch. Den Wandel skizzierte er so: „Die SPD eignet sich nicht mehr, um Kinder zu erschrecken.“ Die Sozialdemokratie sei die Partei der netten Nachbarn – und seit Wochen im Aufwind, denn Martin Schulz hat der SPD Neueintritte in ungeahnten Höhen gebracht, bundesweit sind es über 7000, immerhin 35 im Kreis Stade.
"Deutschland taugt als Vorbild"
Ministerpräsident Stephan Weil hatte den Gastauftritt bei den Genossen zuvor zu einem Besuch der Kindertagesstätte der AWO und im Stadthaus genutzt und dabei viele Freundlichkeiten verbreitet, bevor er im Ratssaal als Landesvorsitzender den Buxtehuder Genossen gratulierte. „Wir leben in einem Land, das in der ganzen Welt als Vorbild taugt“, meinte der Ministerpräsident. „Im Stadthaus sprach er vom „Klagen auf hohem Niveau“, das ihm besonders viel Spaß bereite. Zwei Namen durchzogen die zahlreichen Reden bei der SPD-Feier im Buxtehuder Ratssaal: Willy Brandt und Helmut Schmidt, die in den siebziger und achtziger Jahren die Partei geprägt, aber auch mehr als beschäftigt hatten, denn während Willy Brandt für viele der Genossen im Ratssaal den Grund für den Eintritt in die Partei lieferte, war Helmut Schmidt – wie später auch Gerhard Schröder – nie nur der geliebte Genosse. „Ich bin wirklich stolz darauf, Mitglied einer Partei zu sein, die sich selbst treu geblieben ist“, sagte Weil.
Im Kern sei die Politik und besonders die SPD eine Bürgerinitiative – das zu erkennen, sei wichtig, um die SPD zu begreifen. Eine Partei, die nicht beliebig sei, „sondern mit einem Werte-Gerüst ausgestattet ist“. „Wir sind alle gleich und keiner darf durch den Rost fallen“, meinte Stephan Weil. Die SPD sei die Partei der sozialen Gerechtigkeit und die Partei der Arbeit, was so selbstverständlich nicht sei. Und: Bildung sei mehr als nur der Schulabschluss. Die Abschaffung der Studiengebühr sei mehr als überfällig gewesen und die versprochene Abschaffung die Kindergartengebühren der logische Schritt, hatte Weil zuvor im Pressegespräch gesagt. Schließlich: Die SPD sei auch die Partei der Friedenspolitik: Angefangen von der Ostpolitik Willy Brandts bis zum Irak-Krieg, bei dem ein sozialdemokratischer Bundeskanzler gesagt habe: „Nicht mit uns.“ Sozialdemokraten, so der Landeschef, seien vor allem Demokraten. Das Grundgesetz zu verteidigen, sei Teil des sozialdemokratischen Erbgutes.
Weils Blick in die Zukunft: Vor sechs Wochen habe der Himmel nicht ganz so blau ausgesehen. Jetzt rede die Republik von dem Comeback einer Partei. „Als ob jemand das Fenster aufgemacht hätte.“ Er versprach das weitere Engagement der SPD „für die Menschen, die hart arbeiten und sich an die Regeln halten.“ Mit einem Zitat von Willy Brandt ging die Feier zu Ende: „Unsere Zeit steckt, wie kaum eine andere zuvor, voller Möglichkeiten – zum Guten und Bösen. Nichts kommt von selbst und nur weniges ist von Dauer – darum besinnt Euch auf eure Kraft.“
Video von Tageblatt-TV:
Erschienen im Buxtehuder Tageblatt vom 11.03.2017
Foto und Text: Wolfgang Stephan