1890 bis zum 1. Weltkrieg 1914/18
Ebenfalls noch vor dem offiziellen Auslaufen des Sozialistengesetzes wurde in Buxtehude ein „Verein zur Wahrung der Interessen der Fabrik- und sonstigen Arbeiter von Buxtehude und Umgebung“ gegründet. Vorsitzender war zunächst Hermann Dräger, später Hermann Garbe.
Im Statut wurden als Buxtehuder Umgebung folgende Orte genannt: Altkloster. Immenbeck, Ovelgönne, Ketzendorf, Neuland, Dammhausen, Heitmannshausen, Neukloster, Hedendorf, Apensen, Ottensen, Eilendorf, Daensen, Pippensen und Heimbruch.
Offensichtlich war dieser Verein die Wiedergründung des sozialdemokratischen Buxtehuder Ortsvereins. Der Buxtehuder Magistrat berichtetet über ihn am 13. Januar 1881, er sei von den bekannten hiesigen Leitern der sozialdemokratischen Bewegung gegründet worden, und im Vorstand seinen ebenfalls bekannte Sozialdemokraten.
Der Verein habe eine Anzahl von Mitgliederversammlungen und öffentliche Versammlungen durchgeführt, auf denen u.a. Baerer gesprochen habe.
Auf einer Versammlung sei über die Beschickung des Parteitages in Halle (12.- 18.Okt.) beschlossen worden. In einem Bericht vom 20. März 1892 wird dieser Verein vom Magistrat bereits als „sozialdemokratisch“ bezeichnet und berichtet, dass im Verein junge „anarchistische“ Mitglieder zurückgedrängt worden seien. Ab 1894 wird der Verein in den Polizeiberichten nicht mehr erwähnt, sondern über sozialdemokratische Versammlungen berichtet, die von Hermann Weber geleitet wurden.
Auf der Traditionsfahne des Buxtehuder SPD-Ortsvereins steht als Datum der Gründung eines „Sozialdemokratischen Vereins Buxtehude Altkloster“ der 1. Januar 1907 verzeichnet, wobei es sich jedoch eher um eine Wiederbegründung gehandelt haben dürfte.
Unter den Ortsvereinen im 17. Wahlkreis galt der OV Buxtehude-Altkloster bereits vor dem 1. Weltkrieg als besonders aktiv. Nach dem Jahresbericht des „Sozialdemokratischen Vereins für den 17. Hannoverschen Wahlkreis vom1.7.1908 – 30.6.1909“ hatte er 163 männliche und 27 weibliche Mitglieder – eine stattliche Zahl.
Im Gegensatz zu heute berichtete die Lokalzeitung kaum oder wenn schon, dann negativ über sozialdemokratische Aktivitäten im Ort und im Reich – eine Tendenz, die sie bis in die NS-Zeit hinein beibehielt. Für das „Wochenblatt“ war die Sozialdemokratie die „Partei des Umsturzes von Thron, Altar, Sitte und Ordnung“ (27.12.1902). Mit Häme gar wurde am 22.12.1906 gemeldet: „Schuhmachermeister Baerer, der bekannte Durchfallkandidat der Sozialdemokraten, ist in der vergangenen Nacht gestorben . . . er dürfte den Genossen mit seinem Ableben einen kleinen Strich durch die Rechnung gemacht haben“ (bei der bevorstehenden Reichstagswahl).
Endlich 1912 schafft es die SPD, auch hinsichtlich der Mandate stärkste Partei im Deutschen Reich zu werden mit 34,8 % der abgegebenen Stimmen und 110 Mandaten im Reichstag.
Buxtehude und Altkloster unterschieden sich um die Jahrhundertwende bis hinein in die zwanziger Jahre von der Zusammensetzung ihrer Bevölkerung her recht stark. Buxtehude war eine Stadt, in der Handel und Handwerk neben der (Klein-) Industrie den Ton angaben. Angestellte, Landwirte und Tagelöhner traten daneben in ihrer Wirkung für das öffentliche Leben zurück. Die politische Grundrichtung war gemäßigt, zuweilen streng konservativ, in manchen Fällen aber auch liberal, geprägt durch das kaufmännische Element. Altkloster war weitgehend durch die Papierfabrik geprägt. Deren Arbeiter und Angestellte, selbständige Handwerker, Inhaber mittlerer und kleinerer Geschäfte sowie einige mittlere und kleinere Landwirte gaben dort den Ton an.
Über die Parteiorganisation in Buxtehude während des 1. Weltkrieges und der Revolutionszeit fehlen verlässliche Unterlagen. Man kann davon ausgehen, dass die politische Arbeit durch Einberufungen zum Militär erheblich behindert wurde und dass eine Reihe aktiver Sozialdemokraten nicht aus dem Krieg zurückkehrten. Auch ist wenig überliefert, in welcher Weise die internen Auseinandersetzungen innerhalb der SPD, die schließlich zur Abspaltung der Unabhängigen (USPD) von den Mehrheitssozialdemokraten (MSPD) und zur Gründung des Spartakusbundes führten, auch hier ihren Niederschlag fanden.