Neuer Anfang der SPD nach 1945
Nach dem Ende des Großdeutschen Reiches im Mai 1945 ging die Regierungsgewalt auf die alliierten Sieger über. In Buxtehude, das bereits am 22. April besetzt wurde, beriefen die Engländer Wilhelm Geerken zum Bürgermeister und eine Reihe solcher Bürger in die Ämter und Gremien der Stadt, denen keine Beziehungen zu den Nationalsozialisten nachzuweisen waren. Die erste demokratische Stadtvertretung wurde am 15. September 1946 gewählt. Auf Grund der nach englischem Vorbild abgeänderten Deutschen Gemeindeordnung vom 1.4.1946 erhielt der leitenden Beamte der Stadt die Bezeichnung Stadtdirektor. Dieses Amt wurde am 15. Mai mit Walter Peper (bis 1954) besetzt. Wilhelm Geerken wurde als Bürgermeister nach der Kommunalwahl vom 15. September 1946 Vorsitzender des Rates der Stadt.
Am 21. August beantragte Lüdwig Jürgens aus Stade bei der dortigen Militärregierung die Genehmigung zur Neugründung der sozialdemokratischen Partei im Landkreis Stade, und gleichzeitig verlangte er die Rückgabe des 1933 von Nazis beschlagnahmten Gewerkschaftshauses, das der Partei und den Gewerkschaften gemeinsam gehört hat. Die Genehmigung wurde am 23. August erteilt. Allerdings hatten in den einzelnen Orten frühere Sozialdemokraten, auch solche, die nach hier verschlagen oder aus der Kriegsgefangenschaft entlassen waren, schon Verbindungen untereinander aufgenommen und Keimzellen neuer SPD-Ortsvereine gebildet. So trafen sich denn auch in Buxtehude bald nach der Kapitulation frühere Sozialdemokraten im Hause von Wilhelm Geerken. An diesen Zusammenkünften, die wegen der abendlichen Ausgangssperren nachmittags durchgeführt wurden, kamen im Laufe des Sommers bis zu 30 Personen.
Am 16. September 1945 fand in Stade die erste Vorstandssitzung es Kreisvereins statt. Aus Buxtehude nahmen Karl Nobel, Wilhelm Geerken und Heinrich Breyer daran teil. Durch Zuruf wurde ein Vorstand gewählt:
1. Vorsitzender: Ludwig Jürgens, Stade,
2. Vorsitzender Karl Nobel, Buxtehude.
In Buxtehude fand die erste offizielle Mitgliederversammlung nach dem 2. Weltkrieg am 12. Januar statt, die erste öffentliche Versammlung eine Woche darauf am 19. Januar.
Die Mitgliederzahl des Buxtehuder SPD-Ortsvereins stieg bis 1947 auf 422. Jedoch brachte die Währungsreform im Jahre 1948 den ersten Rückgang der Mitgliederzahlen, und zwar veranlasste die große Arbeitslosigkeit manche, die Beitragszahlungen einzustellen, zum anderen setzte eine Abwanderung insbesondere von vertriebenen in Gebiete mit Arbeitsplätzen ein. – Bis 1964 sank die Mitgliederzahl bis auf 213 ab. Sie stieg danach kontinuierlich und zu Beginn der siebziger Jahre sprunghaft wieder auf über 350 an.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass Apensen von1972 – 1988 einen Distrikt des Buxtehuder SPD-Ortsvereins bildete, bevor dort ein selbständiger Ortsverein entstand. Andererseits schloss sich Neukloster-Hedendorf nach der Gebietsreform 1972 als Distrikt dem Buxtehuder Ortsverein an.
Mitgliederbewegung im SPD Ortsverein Buxtehude |
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1928 |
343 |
1930 |
376 |
1932 |
305 |
1947 |
422 |
1952 |
282 |
1957 |
264 |
1964 |
213 |
1967 |
237 |
1972 |
338 |
1977 |
399 |
1983 |
364 |
1987 |
347 |
1992 |
213 |
1999 |
279 |
2010 |
214 |
2018 |
??? |
In der Struktur der Mitgliedschaft in der Buxtehuder SPD spiegelt sich grob gesehen das Bild der Gesamtpartei wieder. Nach der Neugründung 1945 bildeten das Gros die Frauen und Männer, die bereits vor 1933 der SPD und den ihr nahestehenden Verbänden und Gruppierungen angehört hatten und überwiegend aus der Arbeiterschaft stammten. Erst als sich die Partei mit dem Godesberger Programm vom November 1959 für neue Schichten öffnete, fanden Angestellte, Beamte und linksliberale Mittelständer den Weg in die SPD – ein Trend, der seinen Höhepunkt in der Ära Willy Brandts (Parteivorsitz 1963 – 87; Vizekanzler und Außenminister 1966 – 69, Bundeskanzler 1969 – 74) erfuhr. Mit 48,8 % errang die SPD 1972 ihr höchstes Bundestagswahlergebnis. Ebenfalls vollzog sich um diese Zeit ein Generationswandel. Jüngere Mitglieder übernahmen die Positionen der älteren Genossinnen und Genossen. Ebenfalls meldete sich die kritische Generation der Jungsozialisten, die bis dahin eine recht „lammfromme“ Parteijugend, lautstark zu Wort und geriet dabei nicht selten auch im Widerspruch zu den Älteren, die mehr dem pragmatischen Regierungskurs von Helmut Schmidt (Bundeskanzler 1974 – 82) anhingen.